Bericht zum 21. Galiziertreffen in Kütten am 28.09.2019

 

Bereits im Eröffnungsgottesdienst des Heimattreffens erinnerte Pfarrer Koschig an die Umsiedlung der Galiziendeutschen vor 80 Jahren und betonte, dass in dieser schweren Zeit der Glaube ein Stück Heimat war, das man mitnehmen konnte. 80 Jahre später hat man den Eindruck, dass die ehemaligen Umsiedler sich mit der Renovierung der uralten Dorfkirche in Kütten ein neues Stück Heimat geschaffen haben.

Im ehemaligen küttener Gasthaus versammelten sich dann etwa 60 ehemalige Galiziendeutsche und auch ihre Nachkommen, welche Umsiedlung und Flucht selbst nicht erlebt haben. Nachdem andere regionale Galiziertreffen nicht mehr stattfinden, kommen auch Gäste aus anderen Regionen Galiziens zu dem Treffen der ehemals deutschen Dörfer im Umkreis von Lemberg.

Werner Kraus informierte in seinem Vortrag zunächst über die Hintergründe der Umsiedlung, genannt „Heim ins Reich“.  Sie war eine Folge der Aufteilung Europas unter die Diktatoren Hitler und Stalin. Die Galiziendeutschen hatten schon vorher, wie auch andere Minderheiten, unter den Maßnahmen der nationalistischen Diktatur in Polen zu leiden. Auch waren sie informiert über Hungerkatastrophen und Terror in der Sowjetunion. Schließlich erlebten sie nach dem Einmarsch der Sowjetarmee die Versorgungsprobleme eines neuen Wirtschaftssystems. Es gab überzeugende Argumente für eine Übersiedlung aus dem sowjetischen Einflussgebiet in das Deutsche Reich.

Mit Berichten von Mitgliedern der deutschen Umsiedlungskommission wurde dann der technische Ablauf der Umsiedlung deutlich gemacht und es kamen die Betroffenen selbst zu Wort. „Am 12.01.1940 war das Dorf voller Fuhrwerke, das Signal zur Abfahrt war das Läuten aller Glocken“ heißt es in dem Bericht eines Wiesenbergers. Für die Zuhörer im Saal muss es besonders interessant gewesen sein, zu erfahren, an welchem Tag im Januar 1940 bei starkem Frost und Schneesturm sich ihre Eltern und Großeltern mit dem Pferdegespann auf den Weg in eine ungewisse Zukunft gemacht haben. Der Vortrag endete mit einem Dank an die Generation der Umsiedler für ihre folgenschwere Entscheidung. Diese Entscheidung hat uns Nachgeborenen ein Leben im geeinten Europa ermöglicht.

Das Galiziertreffen wurde bereichert durch eine Ausstellung über die Geschichte der Galiziendeutschen, die das Hilfskomitee der Galiziendeutschen aus Anlass des Jubiläums der Umsiedlung für die Kulturtagung 2019 in Fulda vorbereitet hatte.

 

Der Vorsitzende des Hilfskomitees der Galiziendeutschen Walter Manz konnte aus familiären Gründen erst später auf dem Treffen erscheinen. Er hielt eine kurze Ansprache mit Informationen über die Arbeit des Hilfskomitees. Es wurde deutlich, dass das Hilfskomitee als eingetragener Verein eine Struktur hat und nach bestimmten Regeln arbeiten muss. Im Vergleich dazu ist das Treffen der Galiziendeutschen in Kütten eine unabhängige private Veranstaltung. Beiden gemeinsam ist, dass ehrenamtliche Helfer ohne Bezahlung für die Sache der Galiziendeutschen arbeiten. Auch die ehrenamtliche Hilfe der Küttener war wichtig für das Gelingen der Veranstaltung.

Nach dem Mittagessen, geliefert durch die Landfleischerei Graupner in Teicha, wurden zwei kleine Filme gezeigt, die auf der Galizienreise des Hilfskomitees 2018 entstanden sind.

Die ehemaligen Wiesenberger konnten sich freuen, dass ihre Kirche, nachdem sie von den Sowjets als Ruine zurückgelassen wurde, im neuen Staat der Ukraine schöner als vorher wieder auferstanden ist. Die deutsche Kirche in Münchenthal muss zwar eine Ruine bleiben, aber durch die Initiative des Kanadiers Brian Lenius wurde im September 2018 auf dem ehemaligen deutschen Friedhof ein großes steinernes Denkmal feierlich eingeweiht.

Der zweite Film zeigte einen Rundgang durch die Altstadt von Lemberg, die besonders durch ihre mittelalterlichen Kirchen den Rang einer Welterbestadt erlangt hat.

 

Das Galiziertreffen vor einem Jahr in Kütten wurde mit dem Singen von Volksliedern beendet. Das muss einen besonderen Eindruck hinterlassen haben, denn einige Männer mit Erfahrung im Chorsingen studierten schnell ein paar Lieder ein und veranlassten dann den ganzen Saal zum Mitsingen. Das stimmungsvolle Singen von Volksliedern zum Abschluss ist anscheinend ein geeignetes Mittel zum Gelingen eines Heimattreffens. Weil die Teilnehmerzahl am Galiziertreffen in Kütten so stabil ist, sollte man sich den 26.09.2020 für das nächste Treffen vormerken.

Die Sammlung zur Begleichung der Unkosten einschließlich Mittagessen erbrachte 655 Euro. Davon bekommt auch das Hilfskomitee einen Anteil.

 

Nachtrag April 2020: Wegen der Corona-Epidemie werden 2020 wahrscheinlich keine Heimattreffen stattfinden.  W. Kraus