Kurze Ausschnitte aus Beschreibungen deutscher Orte mit katholischen Einwohnern bei Lemberg in Galizien

 

 

Anton Engel

Erinnerungen an Wiesenberg

Zeitweiser der Galiziendeutschen 1986

 

Die Kolonie Wiesenberg wurde 1781-86 gegründet. Die Ansiedler kamen aus der Pfalz (Mainz, Kreuznach, Trier, Saarland). Das Dorf wurde in einer Kreuzform angelegt mit 46 Häusern. Die Nr. 13 war für eine Schule gedacht, wurde aber später zum Gemeindehaus, welches man dann als Hirtenhaus und für Obdachlose benutzt hat. Die Häuser standen mit der Breitseite zur Gasse und hatten einen kleinen Vorgarten. An der Seite zum Garten die Stallung und dahinter parallel zum Haus die Scheune.

Die Häuser hatten 3-4 Räume und waren zum größten Teil mit Blech gedeckt. Angenehm fielen die ca. 40 m breiten Gassen und die weißgekalkten Häuser mit den Blumengärten ins Auge. Die Straßenseite war mit einem Lattenzaun abgegrenzt. Der Zugang mit einem Gartentürchen, innen im „Höfchen" mit einem Zaun rechts und links abgegrenzt mit einer Bank auf jeder Seite. In der Mitte der Siedlung stand die katholische Kirche St. Michael, gleich nebenan Schule und Pfarrhaus. Auch das Deutsche Haus befand sich in unmittelbarer Nähe sowie die Ein- und Verkaufsgenossenschaft. Alles mitten im Zentrum.

In jeder Gasse stand ein Ziehbrunnen aus Beton von 2 m Durchmesser und bis 48 m tief. Der Friedhof lag am nördlichen Ende des Dorfes. Im Süden lagen über der Siedlung zwei Anhöhen, die Steinköpfe. Einer gehörte zu Wiesenberg und wurde zum Teil als Weide, aber auch als Sand- und Steinvorrat benutzt. Der andere gehörte zu Mierzwica und wurde von den Ukrainern als Weide benutzt. In den tieferen Lagen waren Wiesen mit von den Wiesenbergern angelegten Entwässerungsgräben.

In trauriger Erinnerung bleibt für uns alle, als 1939, kurz vor dem Zusammenbruch, ein polnisches Polizeiaufgebot in der Nacht das Dorf überfiel, die Menschen - gleich welchen Alters - aus den Häusern trieb und die Wohnungen verwüstete. Erst am nächsten Morgen, als die Häuser ausgeplündert waren, konnten die Menschen nach Hause gehen. Dass es nicht schlimmer kam, hatte Pfarrer Wiśniewski bewirkt, indem er mit aller Energie seine Gemeinde verteidigte.

Nachtrag: Nachdem in der Sowjetzeit die katholische Kirche verwüstet wurde und als Geräteschuppen diente, haben die ukrainischen Bewohner des Nachbarortes Merwitschi nach 1994 die Kirche schöner als vorher wieder aufgebaut. Im Jahre 2007 waren auf dem Gebiet des alten Wiesenberg nur noch wenige der deutschen Siedlungshäuser erhalten und bewohnt. Ein Teil der Häuser war durch Neubauten ganz anderer Art ersetzt worden.

 

 

Bruckenthal 1915 - Bericht des Pfarrers Gieszczyński

Zeitweiser der Galiziendeutschen 1986

 

Auf der Wasserscheide der Flüsse Rata und Solokia, Nebenflüssen des Bug, im heutigen politischen Bezirk Rawa-Ruska, liegt die deutsche Kolonie Bruckenthal, welche gegenwärtig (1915) cirka 400 Seelen zählt. Nach den im Pfarramte zu Bruckenthal aufbewahrten Schriften und Dokumenten wurde diese Kolonie im Jahre 1786 von Kaiser Josef II. gegründet. Die Einwohner dieser Ansiedlung stammen zumeist aus Mainz, dann aus Trier und Worms, wenige aus Bayern.

Noch gegen das Ende des 18. Jahrhunderts war diese Gegend ganz mit Urwäldern bedeckt. Hier blühte die Holzdestillation; Terpentinöl, Teer und dergleichen wurden hier erzeugt. Nur eine einzige Straße führte durch diese Wälder, auf welcher früher Türken und Tataren nach Westen einfielen. Als im Jahre 1772 Galizien an Österreich kam, wollte man an den äußersten Grenzen des Reiches sichere Stützpunkte haben und dieser Gedanke bewog die österreichische Regierung, die am meisten nach Osten und Norden vorgeschobenen Endpunkte des Reiches mit Deutschen zu besetzen. So wurde auch hier ein höhergelegener Punkt ausgewählt. Nach dem vom Kameralingenieur entworfenen Plane wurde ein neues Dorf gegründet, das den Namen Bruckenthal erhielt, weil man von allen Seiten auf den Straßen, welche vom Tale zur Kolonie führten, Brücken passieren mußte.

Auf den Ruf des Monarchen verließen viele deutsche Familien ihr schönes Vaterland am Rhein. Nach einer Überlieferung gelangte ein großer Transport der Auswanderer auf der Donau nach der Reichshauptstadt Wien, von wo 45 Familien aus Mainz, Worms, Trier und einige aus Bayern nach Bruckenthal gewiesen wurden. Die meisten waren Handwerker, Schmiede, Schuhmacher, Gerber, Riemer, Schneider, Wagner und Zimmerleute, darunter auch Krämer. Diese sollten im neuen Vaterlande weiter ihren Beruf betreiben. Den weiten Weg nach Osten haben diese deutschen Emigranten teils zu Fuß, teils zu Wagen in zwei Monaten zurückgelegt. An Ort und Stelle angelangt, fanden dieselben schon fertige Wohnhäuser vor. Eine jede Familie erhielt durchschnittlich 20 Joch Grund, von dem noch vieles mit Hecken, Sträuchern, Kiefern bewachsen war und erst urbar gemacht werden mußte. Außerdem erhielt jede Sippe je ein Paar Pferde, Kühe, Ochsen und alle Wirtschaftswerkzeuge, dazu noch sieben „Korez" Frucht (ca. 128 Liter). Als Freibauern waren sie auf längere Zeit von Steuern befreit, sie durften bis 1850 unentgeltlich aus den herrschaftlichen Waldungen Brennholz und Baumaterial beziehen und hatten das Recht der Hutweide auf herrschaftlichen Wiesen. Hierauf wurde 1851 diese Dienstbarkeit abgelöst und als Entgelt für dieses Recht erhielt die Gemeinde 42 Joch Wald und Hutweide als Eigentum.

Die neue Stätte haben die Ansiedler lieb gewonnen. Gott segnete ihre Arbeit und ihren Fleiß. Sie kamen zum Wohlstande. Die Wirtschaften wurden in der Regel nicht geteilt. Der älteste Sohn erbte nach dem Vater die Wirtschaft, alle übrigen Söhne erlernen ein Handwerk und verlassen das väterliche Haus. Die Kolonisten betreiben bei der Wirtschaft auch das vom Vater ererbte Handwerk. Bis zum heutigen Tage sind die Kolonisten tüchtige Schmiede, Wagner, Schuhmacher, Riemer, Gerber und Zimmerleute, so daß die ganze Umgegend in Bruckenthal den Bedarf befriedigt. Seit vielen Jahren sind keine Schneider und Krämer da, doch der Beiname: „Krämers Hannes und Schneiders Jakob" ist bis heute geblieben. Im Laufe der Jahre erwarben sich Kolonistensöhne in den benachbarten ruthenischen Dörfern kleine Wirtschaften. Um das Jahr 1880 sind aus Bruckenthal und Umgebung etwa fünfzig deutsche Sippen und viele einzelne ledige Deutsche nach Amerika ausgewandert, wo sie die deutsche Kolonie Hankinson gründeten; heute wohnen noch ca. 65 deutsche Familien in Bruckenthal und Umgebung.

 

 

Richard Weiss

Weissenberg 1939

Zeitweiser der Galiziendeutschen 2005

 

Etwa 9 Kilometer nördlich der Kreisstadt Gródek (Gródek Jagielloński) und annähernd 30 Kilometer von „Lemberg" (Lwów) liegt die ehemals rein deutsche Siedlung „Weissenberg" (Białogród). Das Dorf ist in einer Doppelreihe von Häusern, welche sich auch heute noch längs der Straße hinziehen, angelegt worden. Durch den Ort verlief zu jener Zeit eine Wirtschaftsbahn, die von der Eisenbahnstation „Kannebrot" (Kamienobrod) bis zum Wasserwerk „Wolize" (Wola Dobrostańska) führte. Wolize liegt hinter dem Nachbarort „Towerschdehn" (Dobrostany). Jetzt verläuft die Bahnlinie am westli­chen Rand Weissenbergs.

Das vor dem Ersten Weltkrieg erbaute Wasserwerk ist für die Wasserversorgung Lembergs zuständig gewesen, nicht jedoch für das eigene Dorf und die umliegenden Ortschaften. Diese mussten sich mit Kolbenpumpen oder Ziehbrunnen zufrieden geben, die an mehreren Stellen innerhalb der einzelnen Orte errichtet waren. Einzelne Gehöfte hatten 1939 bereits eigene Pumpen. Heute werden alle Haushalte mit Leitungswasser versorgt. Desgleichen auch mit Strom. Anno dazumal waren Petroleumlampen und Kerzen einzige Lichtquellen.

Weissenberg grenzt unmittelbar an den ukrainischen Ort Dobrostany. Ein Fremder würde die beiden Dörfer als eine Gemeinde ansehen. Die dort wohnhaft gewesenen Deutschen fühlten sich als Weissenberger.

1939 fand in der römisch-katholischen Kirche von Weissenberg nur noch an jedem 4. oder 5. Sonntag eine deutsche Frühmesse statt. Der Predigt in gebrochenem Deutsch folgte oft eine polnische Übersetzung. An allen anderen sonntäglichen Frühmessen sangen deutsche und polnische Kirchenbesucher, je nach Denkweise, die Lieder zur gleichen Melodie jeweils in ihrer Sprache. Viele der älteren deutschen Gottesdienstbesucher, vornehmlich Frauen, waren noch immer nicht der polnischen Sprache mächtig. Ihnen sind darum die polnischen Texte nicht geläufig gewesen.

Während der Zugehörigkeit Ostgaliziens zur Sowjetunion diente die Kirche der Kolchose als Lagerraum. Nun ist sie, nachdem sie innen und außen renoviert wurde, ein Gotteshaus für die dort lebenden griechisch-katholischen Gläubigen.

 

Richard Weiss

Ottenhausen und das Leben und Treiben darin

Zeitweiser der Galiziendeutschen 1982

 

Bestimmt waren die ersten Siedler, unsere Urahnen, von Ottenhausen gute Menschen, sonst hätte der Herrgott für sie nicht so ein schönes Fleckchen auf unserem Erdenrund geschaffen, das ihnen zur Heimat wurde. Es wird zwar jedermann von seinem Heimatort schwärmen und doch meine ich, daß gerade dieses Dörfchen ein Juwel unter den deutschen Kolonien Ostgaliziens war.

Ottenhausen liegt etwa 27 km westlich Lemberg und etwa 10 km nördlich der Kreisstadt Gródek.

Zwischen der ersten Siedlungsperiode, die 1795 abgeschlossen war und der zweiten von 1802 bis etwa 1820 gingen starke Verschiebungen in der Siedlung vor sich. Mehr als die Hälfte der Kolonisten wanderte ab, weil ihr Los nicht beneidenswert war. Die Siedler waren der Landessitten und Gebräuche unkundig, kannten die Landessprache nicht, wurden von den Beamten herzlos behandelt, litten Hunger und Not. Erst Jahrzehnte später, nach der zweiten Siedlungsperiode, traten die Kulturerfolge zu Tage.

Bezeichnend ist, daß die Kolonisten neben der Landwirtschaft auch ein Handwerk betrieben. Ohne die ihnen angeborene handwerkliche Begabung und außerordentliche Geschicklichkeit hätten sie sich nicht eine neue Lebensgrundlage schaffen können, ja, die Kolonisation als solche wäre wohl von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen. Diese Begabung und Geschicklichkeit muß sich weiter auf ihre Nachkommen vererbt haben, denn von den 1939 in Ottenhausen lebenden Deutschen waren 4 Tischler und Zimmerleute, 2 Stellmacher, 1 Schmied, 1 Brunnenbauer, 4 Schuster und 3 Schneider.

 

 

Anton Engel

Die Kolonie Mokrotyn (Kreis Żółkiew)

Zeitweiser der Galiziendeutschen 1988

 

Es ist bekannt, daß in Galizien die kleinen deutschen Kolonien mehr kämpfen mußten, um ihr Deutschtum zu erhalten, als die großen - und die katholischen Sied­lungen im Besonderen. Leider scheint die Existenz dieser kleinen Kolonie gar nicht so bekannt zu sein. Von der älteren Generation, die noch etwas berichten könnte, leben nur noch wenige. Niederschriften und Chroniken, die bei der Umsiedlung mitgenommen wurden, sind auf der Flucht verloren gegangen, noch vorhandene werden als Eigentum betrachtet, anstatt sie den kommenden Generationen zu übermitteln. Die heutige Jugend, deren Vorfahren von drüben stammen, haben doch einen Anspruch darauf, zu erfahren, wo und wie ihre Vorfahren gelebt und gewirkt haben.

Die deutsche Kolonie Mokrotyn wurde nahe dem polnischen Dorf Mokrotyn angelegt und übernahm auch diesen Namen. Von 1785 - 1790 wurden dort 15 Familien angesiedelt, die aus der Pfalz oder dem Saarland kamen. Johann und Mathias Staudt aus Bruscheid/Bad-Kreuznach und Jakob Pfeifer aus Rinsenberg, Krs. Birkenfeld, wurden am 20. 7. 1785 in Mokrotyn angesiedelt.

Dr. Ludwig Schneider hat in seinem Buch „Das Kolonisationswerk Joseph II." aus Zins- und Steuerbögen des Jahres 1820 alle dort lebenden Familien namentlich erfaßt. Das war aber 35 Jahre nach der Ansiedlung. Ob das die ersten Ansiedler waren, ist nicht bekannt. Ein Beispiel beweist aber, daß der Name Spiegel nicht mehr dabei war. Josephine Spiegel, eine Ansiedlerin aus Mokrotyn, war die zweite Frau des Ansiedlers Anton We­ber aus Wiesenberg, die laut Urkunde in Mokrotyn geheiratet hatten. Auch Johann Rödlich, Peter Henchen und Georg Roth sind zweimal eingetragen. Somit kann auch sein, daß Siedler, die nicht zu­rechtgekommen sind, die Höfe verlassen haben und weiterzogen. Es kann aber auch sein, daß durch Einheirat der Name des Hofes verloren ging.

Jeder Siedler bekam damals 16 Joch Ackerland, zwei Pferde, zwei Kühe, Haus- und Ackergerät, sowie Saatgut für den ersten Anbau. Das Land lag um die Siedlung herum; es war zwar guter und fruchtbarer Boden, der aber noch bearbeitet werden mußte. Da der Bach „Swinia" mitten durch die Siedlung floß, war der Boden recht feucht. Außerdem mußten Brücken gebaut werden, die die Aus- und Einfahrtwege sicher­ten.

 

 

 

Basilius Krysa

Die katholischen Siedlungen Michalowka und Josefowka

Zeitweiser der Galiziendeutschen 1982

 

Gelobt sei Jesus Christus!" grüßte der Michalowker Bauer. Nur 14 km von Rawa Ruska entfernt lag sein pfälzisches Dorf. Es wird erzählt, daß der Pfälzer Michael Hemmerling der Gründer Michalowkas gewesen wäre. Sein Taufname diente zur Namengebung des Dorfes. Mit ihm siedelten 1818 die Familien Keller, Haas, Emmerich, Dick, Wolf, Karst, Kunz, Hensel, Zimmer und Sehn. Später kamen noch Schnerch, Damm, Richtscheid, Straub, Jäger, Marks und Bommersbach dazu.

Da die meisten staatlichen Gutsbetriebe damals bereits aufgeteilt waren, mußten die neuen Siedler Grund und Boden bei den polnischen Gutsbesitzern kaufen, im Gegensatz zu ihrem Stammdorf Bruckenthal, das noch Land vom Staat erhalten hatte. Vom damaligen Grund­besitzer Leo Dobiecki wurde die Hutweide, von den Wierbitzer Herren wurde der Wald von Westen und der Sandhügel von Osten beiderseits der Straße von Uhnow nach Rawa Ruska gekauft. Dafür mußten die Siedler Frondienste bei den Gutsbesitzern leisten.

Einen Kilometer von Michalowka ent­fernt soll Josef, der Sohn des Michael Hemmerling, das Dorf Josefowka ge­gründet haben. Auch sein Taufname diente zur Namensgebung. Hier waren die Ansiedler größtenteils aus Böhmen: Ströcker (sein Nachkomme Georg Ströcker wurde „Böhmak" genannt!), Klusa, Emmerich, Kunz, Ferdinand und Putz. Da diese Ortschaft auf einem Hügel errich­tet wurde und das Wasser nicht aus­reichte, zogen die Siedler nach einiger Zeit weiter nördlich (die alte Stelle be­kam den Namen „Bidaczysna") und bau­ten ihre Siedlung neu auf.

Laut der josefinischen Ansiedlungsverordnungen war die Anlage der beiden Dörfer einigermaßen gleich. So zog sich Michalowka senkrecht zu der Verbindungsstraße UhnowRawa Ruska und parallel zu dem „Brat Bach" langgestreckt dahin. Die Häuser waren ungefähr 20 m lang. Unter einem Dach befanden sich ein Vorhaus, eine Küche mit offenem Herd und einem Backofen, eine Stube, eine Kammer und ein Stall. Nicht jedes Haus besaß einen Stall für Melk- und Zugvieh, aber fast jedes Haus hatte einen Schweine- und Hühnerstall. Fast auf je­dem Gehöft gab es einen Ziehbrunnen. Die Dächer waren teils mit Stroh, teils mit Schindeln, nur die Häuser des Johann Petryk und Anton Schnerch mit Blech ge­deckt.

Die meisten der Siedler waren Bauern. Aber neben ihrer landwirtschaftlichen Arbeit führten einige von ihnen Neben­beschäftigungen aus. Da im Jahre 1884 süd­lich von Michalowka eine Eisenbahn­strecke gebaut wurde, fanden einige Bauern dort Arbeit.

 

 

 

Czesław Rajca

Burgthal - eine deutsche Kolonie in Galizien

Übersetzung aus dem Polnischen: Dr. Eduard Merian

 

Das kleine Dorf Burgthal liegt 3 km westlich von Gródek Jagielloński, unweit der Bezirksstadt Lwow / Lemberg. Es wurde 1782 als eine deutsche Kolonie gegründet, wie viele damals in diesem Landstrich. Im ausgehendem 19. Jahrhunderts haben deutsche Siedler - auf polnisch Kolonisten genannt - ihre Höfe abgestoßen und sie an polnische oder ukrainische Interessenten verkauft, so dass Ende der dreißiger Jahre dort 35 Familien gelebt haben, davon 19 deutsche, 9 polnische, 5 ukrainische, 2 jüdische. Darunter waren zwei Deutsche mit Polinnen verheiratet, drei Polen mit deutschen Frauen, und ein Ukrainer mit einer Deutschen. Man sprach und verständigte sich im Dorf in vier Sprachen Fast alle konnten polnisch und ukrainisch, die älteren Polen und Ukrainer, die noch das alte Österreich erlebt hatten, auch deutsch. Trotz dieses Nationalitäten- und Sprachgemischs gab es keine Zwistigkeiten zwischen den Menschen, wohl auch deswegen, weil es keine größeren religiösen Unterschiede gab. Alle, mit Ausnahme der Juden, waren katholisch. Deutsche und Polen gingen gemeinsam zur Kirche in Gródek, die Ukrainer in ihre griechisch-katholische Kirche. Die Einwohner des Nachbardorfes Haliczanow warfen alle Burgthaler in einen Sack und nannten sie einfach „Szwaby" = Schwaben. Jeder achtete die religiösen Feiertage der anderen, man spottete nicht über die Riten der Juden.

Der Krieg vertrieb die Burgthaler über die ganze Welt. Als erste verließen die Deutschen das Dorf, plötzlich und völlig unerwartet. Am 23. September 1939 erschienen einige deutsche Soldaten und riefen die Kolonisten zu einer Besprechung. Nach der Versammlung wurde im ganzen Dorf erzählt, dass die deutsche Wehrmacht sich aus Lemberg hinter den San zurückziehe und an ihre Stelle die Russen kommen würden. Man habe sie deshalb aufgefordert, ihre Gehöfte zu verlassen und zusammen mit der deutschen Armee nach dem Westen zu ziehen. Zeit zum Nachdenken hatten sie nicht. Am Nachmittag kamen Omnibusse, die für Frauen, Kinder und kleines Gepäck bestimmt waren. Die Männer aber sollten mit Pferdewagen und allem, was sich darauf packen lässt, folgen. Die Situation änderte sich von einer Minute auf die andere. Selbst diejenigen, die nach der Versammlung an eine Evakuierung noch gar nicht gedacht hatten, vielmehr die Verschreckten und Ängstlichen belächelten, begannen nach einer kurzen Beratung mit ihren Nachbarn ihr Hab und Gut zu packen. Gewiss fiel keinem die Entscheidung leicht. Sie ließen ihre zum Teil stattlichen Höfe im Stich und fuhren ins Ungewisse. So trennten sie sich von ihrem Dorf Burgthal, in dem sie seit Generationen gelebt hatten.

 

 

Valerian Beigert

Geschichte Münchenthals

Im Galiziendeutschen Heimatarchiv

 

Auf einem den Jesuiten konfiszierten Gute Muzylowice bei Jaworów und Gródek Jagelloński wurden um das Jahr 1780 Deutsche aus der Pfalz und Mähren-Böhmen angesiedelt. Das Dorf bestand aus dem Deutschdorf (Pfälzer), von Osten nach Westen den Hügel hinauf gelegen und der Mährischen Seite im Tale, an einem Teiche von Norden nach Süden gelegen. Im Deutschdorf wurden 30 Familien und auf der Mährischen Seite 10 Familien angesiedelt. Die Hausnummern begannen mit der 104 auf der Mährischen Seite und mit 114 bis 141 im Deutschdorf, weil die Kolonie mit dem ukrainischen Dorf Muzylowice Narodowe eine katastralische Gemeinde bildete. Die Häuser auf der Mährischseite standen in einer Reihe nebeneinander mit dem Giebel zur Straße und im Deutschdorf ebenfalls mit dem Giebel zur Straße. Die Nachbarhäuser waren durch Obst- und Gemüsegärten voneinander getrennt.

Bei Nr. 24 (und 27 auf der anderen Seite) endete auf der Höhe das Deutschdorf und dort war auf der Straße ein tiefer Brunnen (Ziehbrunnen). Im Deutsch-Unterdorf hatte jedes Haus einen seichten Brunnen. Die Häuser waren aus Holz, die Wände aus Stroh, Reisig und Lehm geflochten und hatten zwei Zimmer, Küche und ein Vorhaus mit Sommerküche. Aus dem Vorhaus führte eine Tür in den Stall für Rinder und Pferde. Die Häuser waren mit Stroh gedeckt. Gegenüber der Haustür waren ein Schuppen für die Wirtschaftsgeräte und die Schweineställe. Die Scheunen standen in etwa 20 m Entfernung am Rande des Hofes mit Wänden aus Haselnußruten geflochten und mit strohgedeckten Dächern. Es gab auch gemauerte Häuser, eines in Deutschdorf (Simons) und eines auf der mährischen Seite „ins Böhmen“ genannt. Kirche, Schule und Pfarrhaus (Pfarrhof mit Stall und Scheune) standen auf der Südseite des Dorfes hinter Nr. 116 und 117 auf einer Anhöhe. Zwischen Kirche und Pfarrhaus lag die alte erste kleine Schule, durch einen Obstgarten von der Kirche getrennt.

In ca. 200 m Entfernung von der Kirche lag ein Schloß, ein einstöckiges Gebäude mit etwa 30 Wohnräumen, eine ehemalige Ritterburg, die von den Jesuiten bewohnt war. Auf einem Hügel bei Hartfeld war ein Tatarenführer (Chan), der bei der Stürmung des Schlosses gefallen war, beerdigt worden und der Hügel hieß Tatarenhügel. Westlich des Schlosses und in der Nähe der Kirche lag ein gemauertes Forsthaus mit gemauerten Stallungen und Scheunen und mit einem tiefen Ziehbrunnen. Dieses Forsthaus samt Garten wurde von der Gemeinde im Jahre 1884 gekauft und zur Schule umgebaut. Die gegenüberliegende alte kleine Schule wurde einem Handwerker verkauft.

Jeder Ansiedler erhielt von der Regierung etwa 10 Joch Land zugewiesen, in viele Parzellen verteilt und manche weit vom Dorf entlegen. Manche Felder ließ man unangebaut, es wuchsen Sträucher und Hecken darauf und diese nannte man Heckenstücker.

Nördlich von Muzylowice Narodowe lagen gegenüber Berdikau die lange und die kurze Donau und im Tale die Wiesen, obere und untere Donau genannt. Ein ehemaliger Teich, der zum Schutz der Burg gegen Einfälle der Tataren diente, wurde von den Ansiedlern entwässert und zu Feld und Wiesen verwandelt. Die Felder wurden mit der Zeit fast alle, außer den Wiesen, von den Berdikauern abgekauft. Andere Feldparzellen hießen: Horsgrund, Langeracker, kleiner Langeracker, Ritschitschosser Weg, Tscharnokonzer Stück, Waldstück und Marischstück. Die bebauten Felder hatten schwarzen Lehmboden.

Kirchlich gehörte die Gemeinde Münchenthal zur römisch-katholischen Pfarrei in Bruchnal, etwa 6 km entfernt. Die Jesuiten hatten im Schlosse eine Kapelle, wo einmal im Monat sonntags ein Pfarrer aus Bruchnal die Heilige Messe hielt und Andachten, Taufen, Trauungen und Totenmessen abgehalten wurden.

 

Anmerkung W. Kraus:

Auf Initiative von Brian Lenius aus Selkirk/Kanada wurde 2006 bis 2009 auf dem ehemaligen Friedhof von Münchenthal ein mehr als 3 m hohes Monument errichtet. Auf Gedenktafeln in drei Sprachen sind die Ortsgeschichte und die Familiennamen der deutschen Siedler festgehalten.

 

 

Kaiserfest in Münchenthal 1912

Ausgewählt aus: „Deutsches Volksblatt für Galizien“, 23. August 1912

 

Die Glocken, die am 18. August Sr. Majestät, unserem Kaiser anläßlich seines Geburtstages im ganzen lieben Österreich läuteten, ließen auch bei uns ihre eherne Stimme ertönen. Auch wir hatten Gelegenheit, während des Dankgottesdienstes das Kaiserlied in der Kirche deutsch zu singen. Am Nachmittage fand dann in dem nahegelegenen Wäldchen ein Kaiserfest statt, dessen Nachklänge in den Seelen unserer Münchenthaler wohl bis zum nächsten ähnlichen Feste weitertönen werden.

Das Fest wurde eingeleitet durch Herrn Emil Ladenberger aus Lemberg, der in längerer Rede die segensreiche Regierungstätigkeit Sr. Majestät klarlegte. Der Redner betonte die stete Bauernfreundlichkeit unseres Kaisers und endete mit einem "Gott erhalte, Gott beschütze unseren Kaiser", worauf die Klänge der Volkshymne aus hunderten von Kehlen gesungen zum Himmel empordrangen.

Hierauf sprach Herr  Hans Koch aus Lemberg. Er verwirft das äußere Zurschaustellen deutscher Eigentümlichkeiten und verlangt den inneren Zusammenhang aller Deutschen.

Nun begann der heitere Teil des Festes: Glücksrad, Losverkauf, die Versteigerung eines Kaiserbildes, eine Schönheitskonkurrenz und Gesellschaftsspiele trugen zur angenehmen Abwechslung bei. Die Jungmannschaft „Rugier" aus Lemberg, die korporativ erschienen war, trug mehrere Scharlieder vor, so daß das Einbrechen des Abends allen unerwartet kam. Bei Lampion-Beleuchtung gingen dann alle Festteilnehmer ins Gemeindegasthaus, wo bis früh getanzt wurde.